Tour 1
Zwingenberg – Neckargerach – Binau – Neckarelz
Mit dem Rad auf den Spuren der Vergangenheit: Das Projekt „Gedenkorte ERfahren“ verbindet Bewegung, Erinnerung und Bildung auf eindrucksvolle Weise. Auf insgesamt neun thematisch gestalteten Radtouren durch den Neckar-Odenwald-Kreis und darüber hinaus führen die Strecken zu historischen Stätten, Mahnmalen und Orten des Erinnerns – von Zwingenberg über Mosbach und Seckach bis nach Walldürn.
Jede Tour lädt dazu ein, regionale Geschichte aktiv zu entdecken, die Spuren jüdischen Lebens, der NS-Zeit und des Wiederaufbaus zu erkunden und den Wert des Erinnerns im Hier und Jetzt zu erleben. So wird Radfahren zu einer bewegenden Begegnung mit der Vergangenheit – informativ, bewusst und nachhaltig.
Zwingenberg – Neckargerach – Binau – Neckarelz
Neckargerach – Neunkirchen – Aglasterhausen – Neckarbischofsheim – Obrigheim
Neckarelz – Mosbach – Neckarzimmern – Neckarelz
Neckarzimmern – Haßmersheim – Heinsheim – Bad Rappenau – Heinsheim – Obrigheim – Neckarelz
Neckargerach – Lauerskreuz – Strümpfelbrunn – Mülben – Wagenschwend – Mosbach
Seckach – Großeicholzheim – Kleineicholzheim – Oberschefflenz – Billigheim – Roigheim – Sennfeld – Adelsheim – Seckach
Seckach – Schlierstadt – Eberstadt – Buchen – Hainstadt – Bödigheim – Seckach
Osterburken – Sindolsheim – Altheim – Erfeld – Bretzingen – Hardheim – Walldürn
Adelsheim – Hergenstadt – Hopfengarten – Merchingen – Osterburken
Das 19. Jahrhundert war die große Zeit des Synagogenbaus. Im Laufe der Zeit entstanden auf dem Gebiet des heutigen Neckar-Odenwald-Kreises rund 20 Synagogen. Im Nationalsozialismus wurden sie meist zwangsverkauft, danach teils umgebaut oder komplett abgerissen. An elf Orten im NOK sind die ehemaligen Synagogen – an Inschriften oder Grundsteinen – noch gut erkennbar. Eine Besonderheit ist die ehemalige Synagoge in Sennfeld, die die Zeiten äußerlich fast unverändert überstanden hat.
Im Rahmen der NS-„Euthanasie“ wurden über 200.000 Menschen ermordet. Zu ihnen gehörten 263 Opfer, die in der damaligen „Erziehungsund Pflegeanstalt für Geistesschwache“ (heute Johannes-Diakonie) in Mosbach und am Schwarzacher Hof lebten. Auf dem Gelände in Mosbach erinnert eine Namenstafel und der Maria-Zeitler-Pfad an die NS-„Euthanasie“-Verbrechen, in Schwarzach ein Gedenkstein.
Der KZ-Komplex der „Neckarlager“ zählte sechs größere und kleinere Lager. Die KZ-Häftlinge waren vor allem für Bauarbeiten beim Rüstungsprojekt „Goldfisch“ eingesetzt. Heute lassen sich auf dem Gebiet des NOK sowie in Neckarbischofsheim und Bad Rappenau Spuren des KZ-Komplexes finden. Breiteres Wissen über die Außenlager des KL Natzweiler vermittelt die Gedenkstätte bei der heutigen Clemens- Brentano-Grundschule (damals KZ Neckarelz I) und der Geschichtslehrfad „Goldfisch“.
Seit rund 600 Jahren leben Sinti als Minderheit in Mitteleuropa. Im ländlichen Raum Nordbadens ergänzten sie durch ihr Reisegewerbe das wirtschaftliche Leben. Im Nationalsozialismus wurden Sinti ebenfalls systematisch verfolgt und ermordet. Eine Gedenktafel auf dem Mosbacher Marktplatz erinnert an 53 nach Auschwitz deportierte Sinti. In Obrigheim am ehemaligen „Zigeunerplatz“ entsteht ein Erinnerungszeichen für die ebenfalls in Auschwitz ermorderte Familie Reinhardt.
Mit dem dezentralen, multimedialen Gedenkprojekt wird an die rund 100 NS-Opfer aus der heutigen Stadt Buchen gedacht. Neben der Anbringung von Gedenktafeln an den ehemaligen Lebensmittelpunkten sollen die Geschichten der Opfer digital erzählt werden. Seit der Vorstellung des Projektes im November 2024 wurden bisher in Eberstadt (Susanna Stern) und Buchen (Marie Wolf) Gedenktafeln installiert. Das zentrale Element der Buchener Erinnerungskultur ist der Gedenkort auf dem Jakob-Mayer-Platz.
Ein jüdischer Friedhof gilt als „Haus der Ewigkeit“, Gräber dürfen nicht neu belegt und Grabsteine nicht entfernt werden. Im Neckar-Odenwald-Kreis finden sich sechs jüdische Friedhöfe, die größtenteils aus dem 19. Jahrhundert stammen. Lediglich die Friedhöfe in Bödigheim und Mosbach sind deutlich älter. Der Verbandsfriedhof in Bödigheim ist mit 1.573 erhaltenen Grabsteinen der größte jüdische Friedhof im Landkreis. Nicht alle Friedhöfe sind frei zugänglich, manche können nur mittels einer Führung besichtigt werden.
Mit der Deportation der badischen Jüdinnen und Juden ins französische Lager Gurs wurde auch das jüdische Leben weitgehend ausgelöscht. Die Zweitsteine des Mahnmal-Projektes Neckarzimmern erinnern an diese Verbrechen. In nahezu allen Orten mit jüdischen Gemeinden wurden Zweitsteine des Projektes an zentralen oder geschichtsträchtigen Plätzen aufgestellt. Lediglich in Hardheim und Merchingen wurde auf ein Zweitstein vor Ort verzichtet, da dort bereits ein Gedenkstein bzw. eine -tafel vorhanden ist.
Die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig bilden das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Seit 1992 wurden über 116.000 Stolpersteine in Deutschland und anderen europäischen Ländern verlegt. Fünf Kommunen des NOK haben sich dem Projekt angeschlossen und erinnern in dieser Form an das Schicksal von jüdischen Menschen aus ihrer Gemeinde. Im Jahr 2013 wurde zudem im Mosbacher Gartenweg ein Stolperstein für das NS-„Euthanasie“-Opfer Maria Zeitler verlegt.
Die Einberufung von Millionen Männern zum Kriegsdienst führte zu einem massiven Arbeitskräftemangel in der deutschen Wirtschaft, den das NS-Regime durch Zwangsarbeit auszugleichen versuchte. Bedeutsam für den Neckarraum sind die Verlagerungsprojekte „Goldfisch“, „Neustadt“ und „Sachsen“. Zwangsarbeit fand aber nicht nur in Rüstungsbetrieben statt. Die Verschleppten arbeiteten auch in der ländlichen Privatwirtschaft, wovon das Grab für Hanka Szendzielarz in Wagenschwend ein eindrückliches Zeugnis gibt.
Im NOK findet sich eine bunte und vielfältige Gedenklandschaft. Mittels Gedenksteinen, Info-Tafeln und Lehrpfaden können sich Interessierte über die Folgen des Nationalsozialismus informieren. Friedhöfe und Synagogen verweisen auf das einstige jüdische Leben. Nicht bei allen Erinnerungsorten ist eine exakte Adressangabe möglich. Für eine Besichtigung der einzelnen Standorte empfiehlt sich der Blick in die einzelnen Tourenbeschreibungen.
Entlang der Radtouren gibt es keine einheitlichen Wegemarkierungen. Teilweise folgen die Touren bestehenden Radwegen wie z.B. dem Skulpturenradweg im Bauland.
Grundsätzlich sind die Radtouren leicht bis mittelschwer. Sie erfordern dennoch eine durchschnittliche Kondition und ein straßentaugliches Fahrrad oder eBike. Das Fahren der Radtouren erfolgt auf eigene Gefahr, der Radfahrer oder die Radfahrerin trägt alle Risiken entlang der Strecke, insbesondere die waldtypischen Risiken, selbst.